Dienstag, 8. November 2011

Inselfieber & Wahlen

Jinotega, den 8.11.

Lago Nicaragua, auch Meer genannt.

"Otra, otra vez, Ometepe. Ich habe mich letzten Freitag mit nem Kumpel aufgemacht, um das laute Wahlwochenende an einem ruhigen Ort zu erleben und gleichzeitig unseren Inselfreund zu besuchen. Mit den beiden Gestalten werde ich hoffentlich auch meine große Reise im Winter antreten, wenn alles hinhaut. Jedenfalls, von Ometepe erzählte ich euch ja bereits - will jedoch die besonderen Umstände dieser Tage erwähnen: Die Regierung hat Souveränität bewiesen, indem sie ein Alkoholverbot für das Wochenende verhängt hat. Die Befürchtung ging wohl in die Richtung, massenweise aufgebrachte Trinker könnten die Stimmung vermiesen, indem sie mehr trinken oder gar "Revolution!" rufen. Obwohl wir Freiwillige weder wahlberechtig noch aufgebrachte Trinker sind, wurden wir, zumindest ansatzweise, von unserer Toña ferngehalten.
Caner und Marcello

Trotzdem, oder gerade deshalb hatten wir viel Spaß auf der Insel, die sich diesmal noch ruhiger und verschlafener präsentiert hat. Jinotega verhält sich zu Ometepe wie Darmstadt zur kleinen Insel im Ententeich von Traisa. Deshalb bewundere ich auch den Freiwilligen von dort so sehr, der seinen Aufenthalt sogar verlängern möchte. Man muss schon ein ausgemachter Naturfreund und Chiller sein, um das durch zuhalten.
Wie auch immer, ich war ja nur 3 Tage dort,-  habe genossen: Schwimmen, Spazieren/Trampen, Entspannen. Die Rückfahrt hat sich als kompliziert erwiesen, da die ohnehin trägen Fortbewegungsmittel auf der Insel gestern einfach mal ausgesetzt haben.

Ganz hinten unsere Fähre Che Guevara

Jetzt bin ich also wieder zuhause, und frage mich, was es denn nun zur Politik zu sagen gibt? Daniel Ortega hat natürlich gewonnen, 63 Prozent oder so. War mir schon im Vorhinein klar, da seine Partei, die FSLN als Einzige präsent war: Und das überall. 2/3 der Fernsehsender, der Zeitungen gehören seiner Familie, fahnenschwenkende Menschen hat er auch organisieren können. Gerade die ländliche Bevölkerung, soweit überhaupt fähig den Weg zum Wahlbüro zu bewältigen - war wohl vollkommen uninformiert über Alternativen. Alternativen, die sich wenig bis überhaupt nicht geboten haben.
Euphorisch gefeiert wird nun, was Monate lang vorbereitet wurde. Doch nicht nur Propaganda wie eigene Lieder oder kostenlose Kleidung mit FSLN Symbolen hat dem Präsidenten zur Wiederwahl verholfen: Gerade für arme teile der Bevölkerung hat sich in den letzten Jahren einiges geändert. Alphabetisierungskampagnen, Straßenbau, Wohnungsbau, Sozialhilfe, ... Daniel weiß durchaus, gut von sich Reden zu machen. "Was hast du eigentlich gegen den Kerl, Marbin?" - Korruption, Unterschlagung internationaler Hilfsgelder und Verfassungsänderungen find´ ich nicht so cool. Demokratie nennt sich sowas nicht. Mal sehen, was die Zukunft so bringt, offiziell ist seine Wiederwahl noch nicht mal bestätigt.

Der Vulkan Concepcion und der Mond



Ist mir auch scheißegal eigentlich, solange ich durch die Straßen spazieren, meine Banane essen und die  Sonne genießen kann. Neid?"

2 Kommentare:

Kevin hat gesagt…

Alkoholverbot wurde hier auch bei den nationalen Justizwahlen verhängt. Ja, hier wählt man seit diesem Jahr auch die Justiz, nicht nur das Parlament - so demokratisch ist Bolivien! :P

Kevin hat gesagt…

Hierzulande war man auch auch nicht so begeistert von den Wahlen in Nicaragua:
"Ortega se asemeja cada vez más a los dictadores centroamericanos que confundieron a sus países con una prolongación de sus haciendas particulares"
Danach werden die ganzen Unregelmäßigkeiten der Wahl aufgelistet: Unstimmigkeiten bei der Auszählung; Die Weigerung, Zahlen zur Stimmauszählung offenzulegen (wie es das Nicaraguanische Gesetz verlangt); nicht verteilte Wahlzettel in Wahlgebieten, wo mit einem Sieg der Opposition zu rechnen war; Der Ausschluss oppositioneller Representanten aus der Wahlaufsicht - "[Esas] son algunas de las irregularidades que por lo mucho que se repitieron ya no pueden ser consideradas como errores aislados e irrelevantes."
(Correo del Sur, 18. Nov)

Warum ich so penibel und minuziös schreibe, als würde ich eine abirelevante Dissertation in PoWi verfassen: Ich bin erkältet, bin eh nur im Bett und laaangweile mich :\